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Pflegende Angehörige- ein Praxisbeispiel aus Kirchenkirnberg

Pflege heißt ständige Abrufbereitschaft
 

Seit dem ersten Schlaganfall von Elfriede Dieterich kümmert sich ihre Tochter Nicole um sie – Unterstützung durch Diakonie ambulant

 

Wollte unbedingt, dass ihre Mutter zu Hause bleiben kann: Nicole Dieterich, die die 76-jährige Elfriede Dieterich mit Unterstützung der Familie und der Diakonie ambulant zu Hause pflegt. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick/MZ

 

KIRCHENKIRNBERG. Es ist Nachmittag, 15 Uhr, und im Elternhaus ist einiges los: Nicole Dieterichs beide Schwestern Angelika Abele (57) und Brigitte Stadel (55) sind da, um wie jede Woche einen halben Tag im Haushalt zu wirbeln und zu putzen. Dann kommt ihr Vater Manfred Dieterich (80), später auch ihr Bruder Martin (48) aus der Werkstatt nach oben.

Die vier Geschwister nehmen mit dem Vater am Esstisch im Wohnzimmer des Elternhauses Platz – es gibt Kaffee und Kuchen. Nebenan liegt Elfriede Dieterich (76), die nach ihrem zweiten schweren Schlaganfall ans Bett gefesselt ist und künstlich ernährt werden muss. „Aber sie hört uns, hört, dass wir da sind“, sagt Nicole Dieterich (35). Die Tür zu ihrem Zimmer steht offen. Auch wenn Vater Manfred noch in der Werkstatt für Modellbau mit anpackt, „vergeht keine Stunde, ohne dass jemand bei ihr war, mal vorbeigeschaut hat“, sagt er. Der Blick aus den beiden Fenstern vom Pflegebett aus ist der schönste im ganzen Haus – ganz Kirchenkirnberg ist zu sehen, mittendrin die evangelische Kirche. An der Wand ist ein moderner Flachbildschirm angebracht für den abendlichen Blick ins Weltgeschehen. Manchmal allerdings fällt es Elfriede Dieterich schwer, die Augen zu öffnen. „Ich denke, teils kostet es einfach zu viel Kraft, ist sie müde“, sagt Nicole Dieterich.

Vor fünf Jahren erleidet sie ihren ersten schweren Schlaganfall. Nach einem Krankenhausaufenthalt kommt sie nach Hause zurück – als schwerer Pflegefall. Seitdem ist ihre Tochter in die neue Aufgabe als pflegende Angehörige hineingewachsen. Zunächst spricht sie eine Bekannte an, die als Pflegekraft in einem Altersheim tätig ist. Sie schaut ihr bei der Arbeit über die Schulter, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was der Alltag fordert. „Sie hat mir einiges gezeigt.“ Dann will sie ihre Vollzeitstelle als Kauffrau auf eine halbe reduzieren, um ihre Mutter mit Unterstützung der Diakonie ambulant pflegen zu können. „Mir war wichtig, dass sie nicht in ein Pflegeheim muss.“ Doch ihre Firma zieht nicht mit, es gibt schließlich ziemlich viel Ärger, sodass die 35-Jährige sich entschließt, die Arbeit dort aufzugeben.

In dieser Zeit beginnt auch der Pflegealltag in der Familie. Kommt die Diakonie ambulant anfangs dreimal täglich ins Haus, wird dies langsam auf einen Besuch reduziert. Gleichzeitig arbeiten Logo-, Ergo- und Physiotherapeuten mit ihrer Mutter, sodass sie wieder sprechen und selbstständig essen und trinken kann. Nach einigen Monaten findet Nicole Dieterich eine Halbtagsstelle in einem Internethandel. Ihre jetzigen Chefs haben eine andere Einstellung zu ihrer privaten Situation. Wie sieht der Alltag aus? Es ist ein langer Tag: Morgens vor der Arbeit gegen 7 Uhr kommt Nicole Dieterich zu ihrer Mutter ins Elternhaus, um die ersten Handgriffe zu erledigen – Nahrung, die sie über eine Magensonde erhält, und Flüssigkeit bereitstellen, Blutzucker messen und Medikamente geben. Dann geht sie zur Arbeit, und die Diakonie ambulant leistet die morgendliche Körperpflege. Nach der Arbeit kommt die 35-Jährige wieder ins Haus. Pflege und Ansprache für ihre Mutter gehen Hand in Hand, am Abend übernimmt sie die Körperpflege, versorgt sie mit Medikamenten, spritzt der Diabeteskranken nach der Messung des Blutzuckers Insulin. Schließlich wird noch ein bisschen ferngesehen. Gegen 19.30 Uhr geht Nicole Dieterich dann nach Hause.

Nach dem zweiten Schlaganfall vor etwa anderthalb Jahren ist das Sitzen im Rollstuhl für die Kranke nicht mehr möglich, und die Pflege muss auf die neue Situation eingestellt werden. „Manchmal ist der Alltag schon anstrengend. Man muss ständig abrufbereit und in der Nähe sein.“ Weiter als 25 Kilometer wagt sich die Tochter meist nicht weg - sollte es nötig werden, will sie schnell vor Ort sein können.

Zur Entlastung übernimmt die Diakonie ambulant am Wochenende die erste morgendliche Pflege. „Dann kann ich auch mal ausschlafen.“ Die Diakonie ambulant bietet eine Reihe von Unterstützungsmöglichkeiten (siehe Kasten) an. Geschäftsführer Thomas Nehr weiß um die Belastungen im Alltag. Alarmzeichen ist nach seinen Erfahrungen, wenn der Umgangston in der Familie deutlich rauer wird. Wer Angehörige über Jahre, vielleicht Jahrzehnte zu Hause betreut, muss auch auf sich selbst achten. „Wenn der Pflegende krank wird, verschlimmert sich die Situation“, sagt er. „Aber es ist auch nicht gut, wenn sich das Gefühl einstellt, nur noch ein fremdbestimmtes Leben zu führen.“ Die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege steht nach wie vor auf der Agenda. Besonders schwierig wird es nach seinen Beobachtungen für die 40-Jährigen, die er als die Sandwich-Generation bezeichnet – sie pflegen ihre Eltern und sind teils noch dabei, ihre Kinder großzuziehen. Nicole Dietrich hat ihr Leben auf die Situation eingestellt, Vater und Geschwister unterstützen sie. Sie selbst hat keine eigene Familie, aber es fällt ihr schon jetzt nicht leicht, sich Freiräume zu schaffen. Eigentlich würde sie gern mal wieder Tennis spielen - wie früher. Doch zurzeit siegt die Müdigkeit, die sich abends einstellt.

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Wenn Nicole Dieterich morgens zur Arbeit geht, war sie schon in ihrem Elternhaus, um nach ihrer Mutter zu sehen und einige Handgriffe zu erledigen, bevor eine Mitarbeiterin der Diakonie ambulant kommt. Als die 76-Jährige vor fünf Jahren einen schweren Schlaganfall erlitt, stellte sich die Tochter darauf ein, ihre Mutter zu Hause zu pflegen.